Die Weimarer Klassik - gemeinsame Schaffensperiode von Goethe und Schiller

Nach heutigem Verständnis bezeichnet man literaturgeschichtlich den Zeitraum zwischen Goethes erster Italienreise im Jahre 1786 und dem Tod Friedrich Schillers 1805 als Weimarer Klassik. Andere Quellen benennen lediglich die gemeinsame Schaffensperiode der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller zwischen 1794 und 1805 als Weimarer Klassik.

Die Voraussetzungen für die Weimarer Klassik bildeten die 1755 niedergeschriebenen Gedanken von Johann Joachim Winckelmann über die „Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“. Seine ästhetische Betrachtung der griechischen Kunst war die Grundlage für die Zeit der Klassik. Auch die literarische Klassik blieb diesen Grundsätzen treu.

Als Ausgangspunkt kann man das Jahr 1772 nehmen. In diesem Jahr berief die verwitwete Herzogin Anna-Amalia zur Erziehung ihrer beiden Söhne Christoph Martin Wieland an den Weimarer Hof.

Johann Wolfgang von Goethe war - vor allem durch seinen Roman "Die Leiden des jungen Werthers" - zum führenden Autor des Sturm und Drang geworden. Nach dem es ihn 1775 nach Weimar zog, wurden die Werke Goethes reifer und näherten sich inhaltlich und formal der klassischen Antike mit ihrem ästhetischen Ideal. Um diesem auch räumlich nahe zu kommen, reiste Goethe 1786 nach Italien. Nach seiner Rückkehr 1788 ließ sich Goethe von seinen bisherigen Ämtern in Weimar befreien. Kurz darauf machte er in Rudolstadt die Bekanntschaft Friedrich Schillers. Bei dieser für beide Seiten eher ernüchternden Begegnung kamen sich beide Dichter noch nicht näher Goethe hielt Schiller für einen Heißsporn des Sturm und Drang.

Erst 1794 kamen sich die beiden Dichter bei einem Vortrag in Jena wieder näher. Beleg dafür sind zwei Briefe Schillers an Goethe, mit denen er offensichtlich erfolgreich um die gemeinsame Freundschaft warb. Eines der wertvollsten Zeugnisse der Weimarer Klassik ist der spätere Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller. Beide Dichter beeinflussten einander über die Maßen. So schaffte es Schiller immer wieder, Goethe zum Dichten zu disziplinieren, und Goethe schaffte es, Schiller aus seinem persönlichen Sturm und Drang in die Klassik zu heben.

Das zeitgeschichtlich bewegendste Ereignis war die Französische Revolution von 1789 und der erste Koalitionskrieg Frankreichs gegen die europäischen Großmächte. Die Französische Revolution mit ihrer Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bildet die Basis für die Weimarer Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. In Anlehnung an das antike Kunstideal wird nach Vollkommenheit und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. Wo Goethe in der Natur ein Modell für den universalen Zusammenhang aller Erscheinungen suchte, wurde für Schiller die Geschichte zum wichtigsten Bezugspunkt.

Weitere wichtige Merkmale der Weimarer Klassik sind unter anderen:

  • Die Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution

  • Durch eine evolutionäre Fortentwicklung der Gesellschaft und nicht durch gewaltsamen Umsturz (Französische Revolution) gelange man zu dem Ziel des Vernunftstaates.

  • Zentralisierung auf Weimar

  • Der Mensch soll durch Kunst und Literatur zu Humanität erzogen und dadurch reif für gesellschaftliche Veränderungen werden.

  • Erziehungsideal ist die „schöne Seele“, d.h. der Mensch, in dessen Handeln Pflicht und Neigung in Übereinstimmung sind (Ideal eines ruhigen, abgeklärten, in sich selbst ruhenden Menschen).

  • Zeitlosigkeit der Epoche, indem sie Gegenstände zur Betrachtung wählt, die „über allen Einfluss der Zeiten erhaben“ sind.

  • Streben nach Harmonie in der Gesellschaft

  • Humanität

Zu den wichtigsten Motiven der Weimarer Klassik gehören unter anderem Menschlichkeit und Toleranz. Die wichtigste Gattung ist das Drama, wobei Lyrik und Epik nebensächlich bleiben. Typisch war eine wohlgestaltete Sprache.

Die Weimarer Klassik hat ihren Namen durch die Orientierung hin zur Antike erhalten, die sich - vor allem bei Goethe - in der Form seiner Werke widerspiegelt. Daher bezeichnet der Begriff nicht eine vorbildliche Epoche, sondern eine Epoche, die eine andere zum Vorbild genommen hat.

1999 wurde das Ensemble „Klassisches Weimar“ in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Zum Welterbe zählen elf Teile des klassischen Weimar. Dazu gehören neben Goethes Wohnhaus das Wohnhaus Schillers, die Herderstätten (Stadtkirche, Herderhaus und Altes Gymnasium), das Stadtschloss, das Wittumspalais, die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, der Park an der Ilm (mit Römischem Haus, Goethes Garten und Gartenhaus), der Schlosspark Belvedere mit Schloss und Orangerie, Schloss und Schlosspark Ettersburg, Schloss und Schlosspark Tiefurt und die Fürstengruft mit dem Historischen Friedhof.